Mach einer extrem starken Sonneneruption klappte es nach 2003 endlich wieder mit einem gut sichtbaren Polarlicht in unseren Breiten. Bereits zum Ende der Dämmerung waren erste rötliche Strahlen zu sehen, die sich mit zunehmender Dunkelheit intensivierten und von Norden nach Westen wanderten. Dort stand der Mond, dessen zunehmende Sichel vom Polarlicht regelrecht umtanzt wurde. Die Dynamik war visuell erstaunlich gut zu sehen, im Gegensatz zu den Farben, mit denen unser Auge beim „Nachtsehen Probleme hat. Die Kamera bildet diese natürlich, nicht zuletzt durch längere Belichtungszeiten wunderbar ab.
Aber zurück zum Polarlicht. Gegen 22.45 Uhr wurden die strahlenförmigen „Gartenzäune“ durch ein diffuses und auf Kamerabildern intensiv rot leuchtendes Glühen abgelöst, welches bis weit in den Süden reichte. Wir selbst erlebten diesen ersten Ausbruch oberhalb von Schwarzenberg mit Blick auf dem Spiegelwald und waren da schon hellauf begeistert. Da das strukturlose Leuchten aber dann irgendwann langweilig wurde und die Hände eiskalt, fuhren wir heim nach Schwarzenberg. Unterwegs nahmen wir noch das Schwarzenberger Schloss vor dem roten Himmel auf.
Von unserem heimischen Oswaldtal haben wir leider keinen freien Nordblick. Aber diesen brauchten wir beim zweiten „Ausbruch“ auch nicht, denn gegen 23.15 Uhr reichten rotviolette Strahlen nicht nur bis in den Zenit, sondern auch darüber hinaus. Im Süden pulsierten grüne Flecken, von welchen aus kurzzeitig rote Strahlen in den Himmel schossen (so genannte RAGDA – Red Arc with Green Diffuse Aurora), über unseren Köpfen leuchtete mehrfach eine Korona (ringförmige Strahlen) auf, im Süden lachten uns große grüne Streifen entgegen und im Westen leuchtete der Himmel auch visuell tiefrot. Komplett adrenalingeschwängert waren wir völlig überfordert und wussten gar nicht mehr, in welche Richtung wir fotografieren sollen. Irgendwann gaben wir auf und genossen einfach nur. Denn Bilder gibt es in den sozialen Medien zu Tausenden, aber das unglaubliche visuelle Erlebnis ist einmalig und unvergesslich. So wie das letzte große Polarlicht vom 30.10.2003, welches sich als diffuses aber unglaublich intensives und ebenfalls bis weit in den Süden reichendes Rot für immer in unsere Erinnerung gebrannt hat.
Als wir am späten Morgen endlich völlig überwältigt in die Betten fielen, konnten wir nicht schlafen, denn die Energie von oben war wirkungsvoller als 20 Energydrinks und trotz bald hereinbrechender Morgendämmerung hatten wir immer Angst, noch etwas zu verpassen. Aber Schlaf wird eh völlig überbewertet …
In dieser unglaublichen Nacht waren die Polarlichter bis zum nördlichen Mittelmeerraum zu sehen. Fotografisch wurden sie sogar in Mexiko, Florida und Algerien nachgewiesen. Auf der Südhalbkugel war die „Aurora Australis“ nordwärts bis Australien, Argentinien, Chile und Neuseeland sichtbar.